MagentaTV - Johannes B. Kerner trifft auf Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder
Entspannt, offen und von seiner persönlichen Seite gibt sich Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder (76) im Gespräch mit Johannes B. Kerner für die 5. Folge von „Bestbesetzung“. Das Format des Telekom-Senders MagentaTV präsentiert bekannte Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Sport und Politik von einer anderen Seite. So steht beim Bundeskanzler a.D. nicht die Politik im Vordergrund, sondern der Mensch Gerhard Schröder. In seinem ehemaligen Kanzler-Büro im Staatsratsgebäude der DDR blickt er zurück auf seine Jugend und erinnert sich an seine Mutter als „Löwin“, die immer für die Familie gekämpft hat.
Heute bezeichnet er sich als „glücklicher Mensch“, der mit seiner Frau Soyeon Schröder-Kim gern Golfen geht, soweit es ihm sein Beruf als Anwalt und Berater erlaubt. Und dass man beim Golf nur gegen sich selbst verlieren kann – auch das hat er akzeptiert. Ganz ohne Politik kommt aber auch dieses Gespräch nicht aus. Der Altbundeskanzler lässt sich zu einer Prognose für die Bundestagswahl 2021 hinreißen, wo er es für wahrscheinlich hält, „dass die CDU den Kanzler stellt“. Norbert Röttgen und Friedrich Merz allerdings sieht er nicht mehr im Rennen. Weitere Gesprächspunkte sind die Vereinigten Staaten von Europa, die Kritik an Schröders Freundschaft zu Putin, der „gute Job“ seiner Amtsnachfolgerin Angela Merkel und die „erstaunliche Ahnungslosigkeit“, die der Ex-Kanzler dem US-Präsidenten Donald Trump attestiert.
… über seinen Podcast
„Ich hatte eine gewisse Reserve gegenüber den neuen Medien. Und die habe ich jetzt überwunden. Podcast ist etwas, wo Sie sich direkt an die Menschen wenden können. Ich habe ja immer davon geträumt, im Amt wenigstens ein zwei Mal im Jahr, eine halbe Stunde nach der Tagesschau den Menschen erklären zu können, was wir so vorhaben. Jetzt kann ich sagen, was ich will. Ganz direkt, ohne dass jemand intervenieren kann. Das ist ein großer Vorteil. Nicht ungefährlich für Journalisten.“
… über Donald Trumps Social Media Aktivitäten
„Wenn man verfolgt, wie er sich zu etwas äußert und das Gesagte nach drei Tagen wieder zurücknimmt – das ist für jemanden, der mit dieser Machtfülle ausgestattet ist, hochgefährlich. Nicht nur für ihn, sondern für die Leute, die betroffen sind, zum Beispiel Bündnispartner wie Deutschland. Social Media kann man ergänzend machen, aber die gedruckte Zeitung in die Ecke zu stellen, ist nicht gut für die politische Kultur schlechthin.“
… über den nächsten Kanzler
„Weil die CDU nach den letzten Umfragen fast doppelt so stark ist wie die SPD und die Grünen ein bisschen stärker sind als die SPD, was mich natürlich ärgert, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der nächste Kanzler von der CDU kommt. Ob die sich nun auf Herrn Laschet oder Herrn Söder einigen – ich glaube, es geht nur um diese beiden. Ich habe mal gesagt, es wird der Herr Laschet. Und dann hat er gesagt, mein Einfluss in der CDU sei durchaus begrenzt.“ (lacht)
… über die Freundschaft zu Wladimir Putin
„Das wird häufig überschätzt. Wir reden nur wenig über Politik. Jemand, der so ein Amt hat, braucht eher mal Zeit, in der er sich über Dinge unterhalten kann, die nicht mit seinem Job zu tun haben. Das ist der Kern unserer Freundschaft.“
… über Greta
„Was sie macht, ist ja vernünftig und richtig. Leute aufzurütteln mit diesem Thema halte ich für durchaus angemessen. Gelegentlich wird ein bisschen Kult gemacht. Das ist immer so. Wenn ich einen Rat geben sollte: Vorsicht mit dem Kultstatuts, denn man kann sehr schnell wieder fallen. Aber offenbar hat sie genügend Berater. Am Anfang war es ein bisschen viel Medienrummel, das hat sich jetzt beruhigt. Trotzdem würde ich immer sagen, es ist nicht falsch, dass sie bei dem Thema bleibt.“
… über die Frage, ob Donald Trump wiedergewählt wird
„Vor Corona hätte ich gesagt: Ja. Weil man wissen muss, dass Trump nicht allein ist. Sondern die Spitze eines Eisbergs. Die amerikanische Gesellschaft ist weiter nach rechts gerückt und weniger international, als sie es je war. Insofern ist ,America First‘ auch ein Stimmungsbild der Gesellschaft. Joe Biden würde das sehr viel besser machen. Ich denke, das Rennen ist offener geworden, weil Trump so viele Fehler in der Coronafrage gemacht hat. Den Menschen zu sagen, man könne ja vielleicht auch Desinfektionsmittel spritzen, um immun zu werden – das zeugt schon von einer erstaunlichen Ahnungslosigkeit und der Bereitschaft, sich selber für wichtiger zu halten als die Experten.“
… über Kevin Kühnert
„Ich habe mit Herrn Kühnert – dem Genossen Kühnert – mal zu Abend gegessen; ein intelligenter junger Mann. Ich finde, er ist ein bisschen früh stellvertretender Parteivorsitzender geworden. Ich war ja auch mal Juso-Vorsitzender und habe damals die Revolution geplant, die ich dann als Kanzler verhindert habe. Damals wäre niemand auf die Idee gekommen, den Juso- Vorsitzenden zum stellvertretenden Parteivorsitzenden zu machen. Das zeigt die Veränderungen, die im Parteigefüge stattgefunden haben. Aber ich glaube, er wird seinen Weg machen. (…) der ist sicher begabt. Und was ich ihm raten würde: Pass auf, dass du bei so einer Karriere einen Beruf fest hast. Das ist immer eine gute Voraussetzung, um übermäßige Abhängigkeiten zu vermeiden.“
… über Oskar Lafontaine
„Die Hand kann man sich geben. Aber da gibt es immer wieder den Versuch von Zeitungen Streitgespräche zu machen. Wohin soll das führen? Es gibt immer noch ein paar 100.000 SPD-Mitglieder, die sich verlassen fühlen. Und wenn dann ausgerechnet ein früherer Bundeskanzler und Parteivorsitzender so tut, als wenn da nichts wäre, beleidigt das diese Menschen. Dazu habe ich keinen Anlass.“